Bericht zum Kolloquium 2024

Der Rad-/Schiene Kontakt – aktuelle Fragestellungen

Das diesjährige Kolloquium stand ganz unter dem Motto des Rad-/Schiene-Kontakts.

Zu Beginn wurde durch den Vorsitzenden des FSH e.V., Prof. Dr.-Ing. Rolf-Michael Kretschmer, des kürzlich verstorbenen Gründungsmitglieds Dr. Günter Köhler gedacht. Mit einem Rückblick auf seinen Werdegang und seine Verdienste, aber auch sein Wirken für den Verein, würdigten die Mitglieder sein Lebenswerk.

Nach einer Gedenkminute für Günter wurde in das Programm des diesjährigen Kolloquiums eingestiegen. In den ersten beiden Themenblöcken ging es um die Rad-Schiene Berührgeometrie, deren historischer Entwicklung und die äquivalente Konizität.

  • Neue Schienenkopfprofile und die Auswirkungen auf die Laufflächen von Güterwagenrädern
  • Veränderungen in der Rad-Schiene-Berührgeometrie - Ursachen, Auswirkungen und aktuelle Trends

Beide Vorträge wurden von Thomas Kolbe, DB Systemtechnik Minden, präsentiert, wobei der erste Vortrag zu den Schienenkopfprofilen noch aus der Feder von Günter Köhler stammte.

Der erste Vortrag startete bei der bis Ende der 90er Jahre des letzten Jahrhunderts angewendeten Paarung Radprofil S1002 - Schiene 49E1, 54E3 und 60E1 und Fahrzeugen, die überwiegend über eine mechanische Drehhemmung der Fahrwerke verfügten.

Mit vermehrtem Aufkommen von Fahrzeugen mit Luftfedern, höheren zulässigen Geschwindigkeiten bei Güterwagen und angepassten Spurweiten beim Gleisbau kam es zu häufiger auftretenden instabilem Fahrzeuglauf. Zudem traten verstärkt Head Checks (schuppenartige oberflächenparallele Risse) an den Fahrkanten der Schiene auf.

Bei all den Betrachtungen zum Fahrspiegel auf der Schiene rückt unvermittelt die Betrachtung zur äquivalenten Konizität in den Mittelpunkt. In Deutschland hat die Bahn in den 30er Jahren die Schieneneinbauneigung von 1:20 auf 1:40 geändert, andere Länder, insbesondere Frankreich, haben eine derartige Änderung nicht vorgenommen.

Da Schieneneinbauneigung verbunden mit der Spurweite und dem Spurspiel direkte Auswirkung auf die äquivalente Konizität und damit auf Laufstabilität und Verschleiß haben, wurden insbesondere bei der DB in den 70er Jahren vertiefte Untersuchungen angestellt. Ergebnis war die Entwicklung des DB-II-Radprofils, das verschleißoptimiert zu hoher Wirtschaftlichkeit in der Radreprofilierung geführt hat.

Insbesondere bei höheren Fahrgeschwindigkeiten neigt dieses Profil zur Instabilität, die nur durch die Einführung von Schlingerdämpfern beherrscht werden konnte. Im Rahmen zur Rad/Schiene-Forschung ist in den 90er Jahren die DB (Dipl.-Ing. Nefzger) auf dieses Problem eingegangen, mit der Folge, dass heute die Schieneneinbauneigung wieder bei 1:20 liegt, sowie die anderen Parameter, wie Spurweite, Spurspiel in der Gerade und im Bogen, neu festgelegt werden müssen, aber auch Aussagen zu Verschleiß und Laufstabilität notwendig sind.

Messdrehgestell Drehgestell mit Messradsätzen (Foto: H. Stradtmann)

Im zweiten Vortragsteil stand das Radprofil im Fokus der Betrachtungen und den Veränderungen in der Berührgeometrie und im Fahrverhalten durch die im ersten Vortragsteil aufgezeigten Änderungen am Fahrweg.

Mit verschiedenen Maßnahmen wurde in der Folge versucht, den auftretenden Phänomenen Herr zu werden, insbesondere die Fahrkante weniger zu belasten. Zu den Maßnahmen gehörten reduzierte Spurspiele und eine angepasste Form des Schienenkopfprofils (Profil 60E2). Dies wiederum führte zu kleineren Berührflächen im Rad/Schiene-Kontakt mit entsprechend höheren Flächenpressungen im Aufstandspunkt und Verschleiß. Zudem wanderte mit den Maßnahmen der Rad-Schiene-Berührpunkt nach Radaußen, mit der Folge von Hohllaufbildung und Zweipunktberührung.

Auf höchstem technischen Niveau führte Herr Kolbe durch die Thematik und brachte dem Publikum die weiter in Untersuchung befindlichen aktuellen Herausforderungen näher.

Nach der obligatorischen Kaffeepause zum gegenseitigen Austausch stand der dritte Vortag auf dem Programm:

  • Die Weiterentwicklung der EN 15839 (Güterwagen - Prüfung der Fahrsicherheit unter Längsdruckkräften)

Hinnerk Stradtmann, Gutachter Fahrtechnik beim EBA, nahm uns mit auf den Weg, auf was bei der Überarbeitung einer Norm zu achten ist und erläuterte uns anschaulich, wie das Vorgehen dabei ist und auf welche Stolpersteine dabei getroffen werden kann.

Das Fazit des diesjährigen Kolloquiums: ein sehr spezielles Thema in all seinen Facetten spannend und in Details präsentiert.

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